25.09.2009

Kreuzzüge, Schwertmission und Hexenverbrennung - Diese Kirche ist untragbar

Buch-Illustration aus der Chronik der Würzburger Bischöfe des Lorenz Fries, Mitte 16. Jahrhundert
Immer häufiger wird man als Christ in Europa mit Vorwürfen zugeschüttet. Christ zu sein ist wie ein Spießrutenlauf der Vorwürfe. Sehr oft stellt man bei Rückfragen jedoch fest das viele hier nur sehr unwissend das nachplappern - ich bitte das Wort "plappern" zu verzeihen, aber es ist das einzig passende - was andere ihnen vorsagen. Hinterfragt wird nicht, denn Christen müssen schlecht sein, damit man selber eine bessere Ausrede hat warum man nicht weiß was man glauben soll.

Zu drei häufigen Vorwürfen gibt ein Artikel auf der Seite http://www.katholisches.info interessante Hintergrundinformationen:
Mit kühlem Kopf an heiße Eisen. Kreuzzüge, Schwertmission und Hexenverbrennung

Ein Auszug aus dem Artikel:

Spricht man mit Menschen, die zwar „irgendwie“ an Gott glauben (oder an etwas „Höheres“), der Kirche aber den Rücken kehrten oder zu kehren dabei sind, so ist – neben der Steuerersparnis – meist die Vergangenheit der Kirche ausschlaggebend, die oft in drei Punkten zusammengefaßt wird: 1. Kreuzzüge, 2. Schwertmission, 3. Hexenverbrennung. Oft sind diese Phänomene nur dem Wort, nicht aber dem Begriff nach bekannt. Das macht aber nichts, weil das Wort gewaltig genug ist, um jede weitere Diskussion zu ersticken. Die Haß-Trias, die mittlerweile jeden braven und treuen Katholiken in Sack und Asche zur Kirche gehen läßt, stets bereit, sich für die dunkle Vergangenheit zu entschuldigen, wird dabei meist unhinterfragt geschluckt, sowohl vom Kirchenkritiker als auch vom Kirchenfreund. Kreuzzüge, Schwertmission, Hexenverbrennung – das ist halt die dunkle Seite der Kirchengeschichte. Daß nicht alles ganz so dunkel war, wie man meint, zeigen ab und an Filme wie der über Hildegard von Bingen. Aber drei Wochen nach Kinostart ist das wieder vergessen. Was bleibt hängen? Kreuzzüge, Schwertmission, Hexenverbrennung. Es scheint also angezeigt, darauf einen genaueren Blick zu werfen.

1. Kreuzzüge

Der Begriff „Kreuzzug“ findet in den letzten Jahren wieder häufiger Verwendung, wenn von „Kreuzzügen für die Freiheit“ die Rede ist oder politische Kampagnen durch die Bezeichnung „Kreuzzug“ in ihrer ungewöhnlichen Vehemenz und Schärfe treffend beschrieben werden sollen. Die Verwendung ist dabei teils affirmativ, teils kritisch bis spöttisch, in jedem Fall soll sie an das vermeintliche Verständnis der historischen Kreuzzügler erinnern und entsprechende Gefühle auslösen: Wer einen Kreuzzug führt, will in der Annahme, er sei im Besitz absoluter Wahrheit, gewaltsam und rücksichtslos seine Ideen durchzusetzen, und zwar dort, wo sie nicht von sich aus überzeugen. Paradigma ist dabei die mittelalterliche römische Kirche, die vom 11. bis 13. Jahrhundert in diesem Sinne Krieg führte, eben jene sieben Kreuzzüge unternahm, die als solche in die Geschichte eingegangen sind. Die Ursache der Kreuzzüge ist dabei im Machtvakuum des Römischen Reiches zu sehen, das seit dem 5. Jahrhundert dazu geführt hatte, den Papst als einzige konstante Institution des Okzidents immer mehr in die weltliche Pflicht zu drängen (in der Ostkirche gab es dementsprechend keine Kreuzzüge).

Bei den Kreuzzügen ging es nie um Imperialismus, Kolonialismus oder Zwangsmissionierung, sondern um das Überleben der Christen im Südosten Europas, in der Türkei und im Nahen Osten sowie um die Sicherheit der Pilger nach Jerusalem. Eine Verweigerung des Kreuzzugs wäre einer unterlassenen Hilfeleistung gegenüber dem Notruf des christlichen Bruderlandes gleichgekommen. Die Kreuzzüge haben ursächlich also den Charakter einer „humanitären Intervention“.

Die christliche Glaubenslehre kennt ein Naturrecht auf Notwehr und Selbstverteidigung. Das ist keine Perversion der Friedensbotschaft Christi, sondern ihre praktische Umsetzung. Die Aufforderung Jesu zum radikalen Gewaltverzicht in der Bergpredigt (Mt 5, 38ff.) bezieht sich nicht auf konkrete Handlungen, sondern auf die innere Haltung des Menschen, die praeparatio cordis (Haltung des Herzens), wie Augustinus es nannte. Die innere Haltung des Christen sagt ihm: Krieg ist ein Übel, auf das nur nach Ausschöpfung aller friedlichen Mittel zurückgegriffen werden darf. Die Voraussetzung eines Krieges ist immer die Verfehlung des Anderen, denn „nur die Ungerechtigkeit der Gegenpartei nötigt dem Weisen gerechte Kriege auf“ (Augustinus). Dieses Übel kommt in einem eschatologischen Sinne auch dem ungerechten Gegner zugute, da er so in die von ihm verlassene Ordnung zurückkehren kann. Mit dieser erzwungenen Umkehr orientiert man den Kriegsauslöser wieder auf Gott hin und trägt damit letztlich dadurch dem Gebot der Feindesliebe Rechnung. Ließe man den Ungerechten gewähren, entfernte er sich in dem Irrglauben, seine Ungerechtigkeiten würden sich lohnen, mehr und mehr von Gott, dessen letztem Urteil er sich jedoch nicht entziehen kann.

Bei den Kreuzzügen mischt sich christliche Wallfahrtstradition und dieser frühmittelalterliche bellum iustum-Topos zu einem Verständnis von „bewaffneter Pilgerreise“, die für den freien Zugang zu heiligen Stätten des Christentums, die damals unter islamischer Herrschaft standen, insbesondere zum Schutz der Wege ins Heilige Land, auf militärische Gewalt als Mittel der Durchsetzung zurückgriff.

Es ging nicht um Mission oder Eroberung, sondern um Beistand für die christliche Minderheit im Heiligen Land und die Sicherheit der Jerusalem-Pilger, die durch die politischen Verhältnisse dieser Zeit nicht mehr gegeben war. Es gilt dabei zu beachten, daß bereits Karl der Große im 9. Jh. mit Harun Al Raschid, dem Kalifen von Bagdad, ein Abkommen zum Schutz der christlichen Pilger geschlossen hatte. Die sich im 10. und 11. Jh. mehrenden Übergriffe auf Pilger entlang der Route ins Heilige Land und dort selbst waren somit schlicht und ergreifend Verletzungen früher „völkerrechtlicher“ Verträge.

Im 10. Jh. kam es im Heiligen Land zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen. 966 kam es nach der Rückeroberung von Teilen Syriens durch die Byzantiner zu Übergriffen der Muslime auf Christen in Jerusalem. 969 drangen die Fatimiden, Berber aus Marokko, in Ägypten, Syrien und Palästina ein. Bei der Eroberung Jerusalems durch den Fatimiden-Kalifen Ibn Moy (979) wurde die Auferstehungskirche in Brand gesetzt, ihre Kuppel stürzte ein, der Patriarch kam in den Flammen ums Leben. Unter dem Fatimiden-Kalifen Abu Ali al-Mansur al-Hakim (996-1021) gerieten die Christen immer stärker unter Druck: öffentliche Prozessionen wurden verboten, Christen zur Annahme des Islam gezwungen und etwa 30.000 Kirchen enteignet, viele davon geplündert und zerstört, darunter die Auferstehungskirche. 1056 wurden 300 Christen aus Jerusalem ausgewiesen und europäischen Pilgern verboten, die Grabeskirche zu betreten. Als 1065 der Erzbischof von Mainz und die Bischöfe von Utrecht, Bamberg und Regensburg zu einer Pilgerreise ins Heilige Land aufbrachen, war dies nur noch mit bewaffneter Begleitung möglich. Die Pilgerwege waren nicht mehr sicher, Übergriffe auf friedliche Wallfahrer an der Tagesordnung.

Die Kreuzzüge begannen – so wird häufig gesagt – mit der berühmt-berüchtigten „Deus lo volt“-Rede Urbans II. auf der Synode von Clermont (1095). Stimmt das? Nein, es stimmt nicht. Abgesehen von der langen Vorgeschichte – zu den Kreuzzügen kam es erst nach der Besetzung Byzanz’ durch die Seldschuken, auf die der Hilferuf Ost-Roms folgte.

Die Seldschuken, ein Steppenvolk aus dem Gebiet des heutigen Turkmenistan, Vorfahren der heutigen Türken, brachen mordend, plündernd und brandschatzend über den Orient herein. Obwohl sie selber Muslime waren, fielen sie Anfang 1055 in Persien ein und stürzten am Ende desselben Jahres den Kalifen von Bagdad. 1071 schlugen sie die Byzantiner und nahmen Kaiser Romanus IV. gefangen. 1076 eroberten sie Syrien, 1077 Jerusalem.

Die Rede Urbans war eine Reaktion auf diesen Hilferuf aus Byzanz. Er rief also nicht willkürlich zu einem Kreuzzug auf, etwa um die Muslime zu missionieren oder deren Gebiete zu erobern, sondern forderte das, was wir heute in der Tat eine „humanitäre Intervention“ nennen.

Ausführen sollte diese Intervention ein Ritterheer. Die Kreuzritter waren nicht friedliche Menschen, die die Kirche mit Heilsversprechungen erst zum Krieg hätte verführen müssen, sondern „Raufbolde“, die ohnehin meinten, ihren Anteil am Heil nur im Kampf erlangen zu können. Es war die auch von der heutigen Geschichtswissenschaft ihren Gründen nach nicht vollständig erklärte Begeisterung französischer, normannischer und flandrischer Ritter, die selbst Urban überraschte. Sie waren es, die „Deus lo volt!“ riefen und Urban nahm es erstaunt auf. Der Papst terminierte den ersten Kreuzzug auf den 15. August 1096, die Ritter waren nicht zu halten und gingen schon im April.

Auf dem Weg nach Byzanz kam es in zahlreichen deutschen Städten zu Pogromen gegen Juden. Ausschlaggebend waren auch hier die Kreuzritter, nicht die Kirche. Die jeweils zuständigen Bischöfe versuchten vergeblich, die Ritter zu zügeln. Nur in Köln fand man eine Lösung: Die Juden wurden bei befreundeten Christen versteckt. Diese Rettungsaktion wurde von der Kirche organisiert, nicht jedoch das Pogrom! Das war die Idee einzelner Ritter, die völlig unorganisiert handelten. Diese mangelnde Organisation durchzieht die gesamte Kreuzzugsgeschichte und führte bekanntlich zu zahlreichen militärischen Katastrophen.

Bereits bei zeitgenössischen Theologen gab es wegen der Übergriffe Kritik an den Kreuzzügen. Selbst der Papst, in seiner weltlichen Rolle als Garant der Sicherheit der Christen in der Diaspora, hat Gewaltexzesse scharf kritisiert, vor allem, wenn es nicht mehr um diese Sicherheit ging, sondern um andere, etwa wirtschaftliche Interessen. Der Vierte Kreuzzug endete 1204 mit der Eroberung und Plünderung Konstantinopels, der damals größten christlichen Stadt der Welt, durch Kreuzritter, die damit den Schiffstransport durch die Flotte Venedigs „bezahlten“; der Papst, der sich angesichts der Gräueltaten der Kreuzfahrer darüber im Klaren war, daß damit eine Kirchenunion mit der Orthodoxie praktisch unmöglich wurde, verurteilte diese Aktion auf das Schärfste, was jedoch faktisch ohne Wirkung blieb.

Die Kreuzzüge haben – ihren humanitären Absichten zum Trotz – viel brutale Gewalt hervorgebracht, die das Verhältnis von Okzident und Orient bis heute erheblich belasten. Doch sie brachten auch die Ritterorden hervor (Johanniter, Templer, Deutschritter), von denen die verbliebenen Johanniter noch heute wichtige humanitäre und soziale Dienste verrichten. Im frühen 13. Jh. mischte sich zudem ein Kreuzfahrer ohne Waffen unter das Heer der Pilger: Franz von Assisi, der 1219 in Ägypten mit dem Sultan sprach und einen tiefen Eindruck hinterließ. In diesem Sinne ist der interkulturelle Dialog heute fortzusetzen.

2. Schwertmission

Mission ist der Versuch, Andere vom Wert der eigenen Überzeugung zu überzeugen. Da Menschen, die Überzeugungen vertreten, davon ausgehen, daß diese wahr sind, dient Mission in ihren Augen stets der Verbreitung der Wahrheit. Mission ist nicht auf Religionen beschränkt, sondern findet sich auch in den Versuchen, Menschen für bestimmte Weltanschauungen, politische Ansichten (konkret: Parteien, Bürgerinitiativen) etc. zu gewinnen. Den Anspruch, die eigene Überzeugung Dritten zu vermitteln, hat wohl jeder, der überhaupt von etwas überzeugt ist.

Die Kirche ist apostolisch, also missionarisch1, d. h. sie ist darauf ausgerichtet, die Botschaft ihres Gründers, Jesus Christus, allen Menschen zu verkünden. Den Auftrag zur Mission erhält sie dabei von Christus selbst: „Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28, 18-20).

Von einer Sache überzeugt sein und davon reden, bedeutet nicht automatisch, dem Gegenüber mit Intoleranz zu begegnen, auch nicht, wenn man von der absoluten (daß heißt universellen) Geltung des eigenen Standpunkts überzeigt ist. Im Gegenteil: Wer eine eigene Position hat, von der er glaubt, sie sei unabhängig von Zeit und Raum, von Kultur und Situation, kann oft besser verstehen, daß auch der andere eine Position hat, die er für wertvoll und wichtig hält.

Es kommt immer darauf an, wie die Überzeugung, mit der man den Anspruch erhebt, dem Anderen etwas Wahres mitzuteilen, das für diesen nützlich und hilfreich sein kann, an diesen Anderen gerichtet wird. Hier ist die Grenze der Missionstätigkeit in Toleranz dort zu sehen, wo der andere das Angebot zur Prüfung bzw. Übernahme der Überzeugung explizit ablehnt.

Daß Mission nicht mit Zwang oder gar Gewalt einhergehen darf, macht Christus sehr deutlich, in seinen „Anweisungen für die Mission“ (Mt 10, 5-15). Zumindest für das Christentum gilt also nicht, daß Mission intolerant ist, da der Missionsbefehl an Bedingungen geknüpft ist (Friedfertigkeit der Glaubensweitergabe, Freiwilligkeit der Glaubensannahme).

Die Annahme des christlichen Glaubens kann nur freiwillig vollzogen werden, erzwungen werden kann nur die formale Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinschaft, der Kirche. Da diese theologisch wertlos ist, soweit und solange die innere Haltung zum Glauben fehlt, haben sich Theologen im Rückgriff auf das Evangelium stets gegen Zwangstaufen und Gewaltmission gewandt. Jesus fordert eine Mission in Liebe und durch Überzeugung, die ihre Abbruchbedingung im freien Willen des zu Missionierenden findet. So sieht das heute auch die Kirche.

Die Kirche hat in der Vergangenheit gegen diesen Grundsatz Jesu Zwangstaufen und Gewaltmission vollzogen! Wird oft behauptet. Stimmt aber auch nur teilweise. In den ersten drei Jahrhunderten ihrer Geschichte gab es keine Zwangstaufen und keine Gewaltmission. Die Menschen entschieden sich freiwillig und oft unter Einsatz ihres Lebens für die Nachfolge Christi. Im Kern ihrer Begründung ist die Kirche dementsprechend nicht durch Zwang und Gewalt vorbelastet. Erst nach der Konstantinischen Wende im frühen 4. Jh., als das Christentum Staatsreligion des sich auflösenden Römischen Reiches wurde, verwandte es in dieser Funktion Zwangsmittel, um Heiden zu christianisieren. In dem Maße, indem die Kirche eine staatstragende Rolle übernahm (und Kirchenvertreter als weltliche Herrscher fungierten), nutzten sie Zwangstaufen und Gewaltmission als Machtmittel.

Grundsätzlich wurden Zwangsmissionierungen, die von weltlichen Herrschern angeordnet wurden, von Vertretern der Kirche sehr kritisch gesehen. Zwei bedeutende Beispiele dafür sind die Zwangstaufen, die Karl der Große unter den Sachsen vollziehen ließ (9. Jh.), und die Gewaltmission in Lateinamerika im Auftrag der spanischen Krone (16. Jh.). In beiden Fällen waren es weltliche Herrscher, die Mission als Mittel der Machtpolitik einsetzten. Die Kritik an diesem Ansinnen kam aus Kirchenkreisen, von Hofpredigern und Ordensleuten, die mit biblischen, theologischen und rechtlichen Argumenten opponierten.

Als Karl der Große um 800 die Sachsen unterworfen hatte, erließ er in der Capitulatio de partibus Saxoniae Vorschriften zur Todesstrafe für alle, die sich nicht taufen lassen wollten. Der theologischen Rechtmäßigkeit der Alternative „Taufe oder Tod“ hat sein Hoftheologe Alkuin entschieden widersprochen.

Als die „katholischen Könige“ mit päpstlichem Mandat Amerika eroberten und die autochthone Bevölkerung von den Conquistadores gewaltsam christianisiert wurde (Mission war die Bedingung für die päpstliche Schenkung von 1493), stieß dies bei den Missionaren auf massiven Widerspruch, für den vor allem die Dominikaner Antonio Montesino und Bartolomé de Las Casas stehen, die Überzeugungsarbeit und ein christliches Leben als positives Beispiel gegen die gewaltsame Missionspolitik stellen, die in den spanischen Kolonien an der Tagesordnung war.

Oft wird behauptet, Entwicklungshelfer seien in Gegenwart und Zukunft die besseren „Missionare“, da es keine spirituelle, sondern eine materielle Not zu lindern gelte. Dazu ist zu sagen, daß die „echten“ Missionare in unserer Zeit sehr wohl auch materiell helfen. Nur stellen sie immer wieder fest, daß die Not der Menschen eben nicht nur eine materielle, sondern auch eine spirituelle ist.

Zudem müssen die Ursachen der materiellen Not behoben werden. Die Not vieler Menschen in der so genannten „Dritten Welt“ läßt sich nachhaltig nur erfolgreich eindämmen, wenn die Kräfte zur Selbsthilfe bei diesen Menschen mobilisiert werden. Dazu ist es oft nötig, daß sich die Prinzipien der Wirtschafts- und Sozialordnung und der individuellen Lebensführung ändern. Für diese, aber auch für jene hat die Kirche ein Angebot zu machen, herausragende Beispiele finden sich im Bereich der AIDS-Prävention und der Wirtschaftsförderung.

1. Wenn der Papst als Oberhaupt der Kirche zur „Humanisierung der Sexualität“ auffordert und daran erinnert, daß der Kampf gegen AIDS mit technischen Mitteln (Kondome) nicht zu gewinnen ist, dann appelliert er für die Kirche vor dem Hintergrund ihres personalen Menschenbildes und ihres Verständnisses von partnerschaftlicher Geschlechtlichkeit als fester Verbindung von Sex und Liebe an die individuelle Lebensführung der Menschen und trägt damit dazu bei, die Ursachen der AIDS-Pandemie zu beheben, statt nur deren Symptome.

2. Mit der Sozialen Marktwirtschaft wurde in Deutschland die katholische Soziallehre sehr erfolgreich in die politische Praxis umgesetzt. Ihre Prinzipien werden aufgrund dieser positiven Erfahrungen mit dem „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit von vielen anderen Ländern dankbar aufgenommen, gerade in einer Zeit der Krise, in der die rein materielle Sicht auf den Menschen im Rahmen der sozio-ökonomischen Struktur allgemein als zu eng eingeschätzt wird. In vielen Fällen trägt der neu erlangte katholische Glaube wesentlich zur Stabilisierung dieser Prinzipien bei.

Gerade das kirchliche Engagement in der AIDS-Prävention sei doch ein Beispiel dafür, so heißt es dann oft weiter, wie Kirche die Not der Menschen für ihre Missionszwecke missbrauche. Doch zu unterstellen, die Kirche würde das Elend von Menschen zu Missionszwecken missbrauchen, ist einfach absurd. Ginge es bei der AIDS-Prävention um Mission, griffe die Kirche wohl kaum auf „unbequeme Wahrheiten“ wie die Notwendigkeit der Keuschheit (Enthaltsamkeit außerhalb, Treue innerhalb der Ehe) zurück, die die Menschen heute überwiegend nicht hören wollen. Dann würde sie dem Zeitgeist entsprechend Gratiskondome verteilen.

Generell geht es der Kirche stets um die Wahrheit der biblisch und kirchengeschichtlich fundierten Glaubenslehre und damit um das Wohl der Menschen, weil sie weiß, daß dies langfristig die von Gott gewollte „Strategie“ ist, Menschen an die Kirche zu binden.

3. Hexenverbrennung

Oft ist zu hören, die Kirche habe im Mittelalter Millionen von Frauen in Europa als Hexen verbrannt. Es ist das Verdienst des Berliner Protestanten Richard Schröder, gezeigt zu haben, daß in dieser Aussage vier Fehler stecken:

  1. Der Schwerpunkt der Hexenverfolgung lag nicht in Europa, sondern liegt im heutigen Afrika: „Die intensivste Hexenverfolgung“, schreibt Schröder in „Abschaffung der Religion? Wissenschaftlicher Fanatismus und die Folgen“, „fand 2001 statt“, und zwar im „östlichen Kongo“. Dort hat sie alles andere als „christliche“ Gründe.
  2. Die meisten Hexenverbrennungen gab es in Europa nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit; die letzte Hexe wurde in Deutschland 1775 verbrannt.
  3. Die Opfer waren nur in Deutschland mehrheitlich Frauen, sonst war das Verhältnis mindestens ausgeglichen, z. T. waren die Männer in der Mehrzahl; in Island waren 90%, in Estland 60% der Opfer Männer.
  4. Es waren nicht „8 oder 9 Millionen Opfer“, wie die „NS-Propaganda“ vermutete, sondern „ca. 50.000“. 50.000 Opfer – in 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung (1430-1780). Die Christenverfolgung allein des Jahres 2008 führte zu mehr als doppelt so vielen Opfern.

Interessant ist auch, wie der Hexenwahn – in Europa! – sein Ende fand. Schröder: „Durch die Aufklärung, sagt man. Das stimmt so nicht. Er kam nämlich schon im 17. Jahrhundert weithin zum Erliegen.“ Es gab nämlich massiven Widerstand. „Die Gegner waren Theologen und Juristen, die sich als Christen verstanden.“

Einer davon war Friedrich von Spee. 1631 erscheint sein Hauptwerk, die Cautio criminalis („Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse“), die nur wenige Woche nach Erscheinen vergriffen ist. In diesem Buch entlarvt er die Hexenprozesse als Farce und die Vollstreckung der Urteile als Mord. Im Zentrum der Kritik steht die Anwendung der Folter, die damals zur Wahrheitsfindung eingesetzt wurde. Spee hält Folter zwar auch für moralisch verwerflich („Kein deutscher Edelmann würde ertragen können, daß man seinen Jagdhund so zerfleischte. Wer soll es da mit ansehen können, daß ein Mensch so vielmals zerrissen wird?“), doch zunächst für juristisch untauglich, weil sie in der Rechtspraxis zur fehlerhaften Beweisaufnahme führe.

Folter ist zudem schlecht für den, der foltert und für die, die Folter anordnen – für die Richter. Schuld fällt bei Spee nach der christlichen Sündentheorie und dem eschatologischen „Vergeltungsprinzip“ nach Mt 25, 31-46 auf den Täter zurück, den die Hölle erwarte, in der er dann jene Folter am eigenen Leibe erfahre, die er zu Lebzeiten anderen zugemutet hat. „Wenn ich sündigen wollte und mir vorgenommen hätte, durchaus in die Hölle zu fahren, so würde ich an Stelle der Richter dazu doch keinen so grausamen, sondern einen etwas erfreulicheren Weg wählen.“, formuliert er eine Spitze gegen die Gerichtsbarkeit. Eine klare Warnung, die damals verfing. Hier und heute, wo Folter wieder in Mode kommt, verfängt der Gedanke der Verantwortung vor Gott nicht mehr. Doch zumindest das ist sicherlich nicht Schuld der Kirche.

Weiterführende Literatur

Zu „Kreuzzüge“:
Michael Hesemann (2007): Die Dunkelmänner. Mythen, Lügen und Legenden um die Kirchengeschichte. Augsburg.
Hans Eberhard Mayer (2005): Geschichte der Kreuzzüge. Stuttgart.
Martin Tamcke (2008): Christen in der islamischen Welt. München.
Thomas E. Woods (2006): Sternstunden statt dunkles Mittelalter. Die katholische Kirche und der Aufbau der abendländischen Zivilisation. Aachen.

Zu „Schwertmission“:
Josef Bordat (2008): Annexion – Anbindung – Anerkennung: Globale Beziehungskulturen im frühen 16. Jahrhundert. Hamburg.
Gregor von Fürstenberg et al. (2006): Glauben, leben, geben. 175 Jahre missio. Freiburg i. Br.
Lutz E. von Padberg (1998): Die Christianisierung Europas im Mittelalter. Ditzingen.
Neal Pirolo (2007): Berufen zum Senden. Gemeinde und Weltmission. Holzgerlingen.
Hans Waldenfels et al. (2005): Die Sache geht weiter… München.
Joachim Wietzke (Hg., 1993): Mission erklärt. Ökumenische Dokumente von 1972 bis 1992. Leipzig.
Klaus Wetzel (2005): Missionsgeschichte Deutschlands. Nürnberg.

Zu „Hexenverbrennung“:
Walter Nigg (1996): Friedrich von Spee. Ein Jesuit kämpft gegen den Hexenwahn. Paderborn.
Richard Schröder (2009): Abschaffung der Religion? Wissenschaftlicher Fanatismus und die Folgen. Freiburg i. Br.

Link zum Thema: Hexen



Natürlich ist ein Weblog geduldig, aber ich lade jeden ein zu prüfen was hier steht. Und das hier ist kein Versuch ist irgendwas krampfhaft zu leugnen ist offensichtlich, denn sonst würde man nicht offen und ehrlich alles ansprechen und auch die Fehler aufführen.
Und natürlich haben Christen Fehler gemacht. Das will niemand leugnen. Christen sind auch Menschen und nur weil man Christ ist, ist man kein besserer Mensch. Christen machen die gleichen Fehler wie alle anderen Menschen, begehen die gleichen Verbrechen, machen die gleichen Dummheiten.
Menschen sind so, waren schon immer so und werden auch immer so sein. Also auch Nicht-Christen und gerade die Geschichte von bekannten Atheisten wie Hilter, Stalin, Pol Pot, Mao zeigt zu was Menschen fähig sind die keine Religion haben. Und was sagt uns das? Und wie stehen Atheisten dazu?

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Auf die Schnelle mal nur ein Wort zur Hexenverfolgung:
Wie beruhigend, dass es erst in der Neuzeit die meisten Hexenverbrennungen gab und dass es nicht nur Frauen sondern auch Männer traf. (Ein überzeugendes Beispiel, dass die Kirche schon immer für die Gleichberechtigung der Geschlechter eintrat.)
Mehr als 100.000 Tote infolge Christenverfolgung 2008? Durch wen wurden sie verfolgt, durch Atheisten? Woher stammt die Zahl?
Hinsichtlich der Höllenstrafe für Folterer bin ich nicht so sicher, denn sie waren überzeugt davon, ein gottgefälliges Werk zu tun: "Eine Zauberin darf nicht am Leben bleiben." (Ex.22;17)

stefan hat gesagt…

> Auf die Schnelle mal nur ein Wort zur Hexenverfolgung:
> Wie beruhigend, dass es erst in der Neuzeit die meisten Hexenverbrennungen
> gab und dass es nicht nur Frauen sondern auch Männer traf. (Ein überzeugendes
> Beispiel, dass die Kirche schon immer für die Gleichberechtigung der Geschlechter eintrat.)
Die Frage ist ob Sarkasmus angemessen ist das Thema zu betrachten. Da es in der christlichen Religion keinen Hexenglauben gibt, da Hexenverbrennungen oftmals nur ein Vorwand war um unbequeme Menschen los zu werden, da es nur die Kirchen waren die sich energisch gegen die Hexenverbrennung gestellt haben, stellt sich schon die Frage warum Du und andere Hexenverbrennung mit den Kirchen in Verbindung bringen? Nur weil Du keine andere Antwort darauf hast?
Ich meine das Du es Dir zu leicht machst. Ich meine das Du Dich nicht der Verantwortung Deiner Vorfahren stellen willst und einen Sündenbock suchst.

> Mehr als 100.000 Tote infolge Christenverfolgung 2008? Durch wen wurden sie verfolgt,
> durch Atheisten? Woher stammt die Zahl?
Es gibt regelmäßig Berichte von Open Doors die jeder einsehen kann. Der aktuelle wurde vor kurzen veröffentlicht. Siehe auch: http://fragen-und-gedanken.blogspot.com/2010/02/die-verfolgung-von-christen-geht.html
Christen werden in atheistischen Ländern wie Nord Korea, China, Kuba verfolgt, in islamischen Ländern wie Saudi Arabien, Irak, Ägypten, Pakistan und in hinduistisch geprägten Ländern wie Indien. Das geschieht Jahr für Jahr.
Makaber ist das manche dieser Länder Urlaubsländer sind (Ägypten, Marokko) bzw verbündete Länder wie Saudi Arabien.
aber mach Dir ruhig selber mal ein Bild davon: Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Doors


> Hinsichtlich der Höllenstrafe für Folterer bin ich nicht so sicher, denn sie waren überzeugt
> davon, ein gottgefälliges Werk zu tun: "Eine Zauberin darf nicht am Leben bleiben." (Ex.22;17)
Um den Text zu verstehen muss man die Geschichte um die Gebote herum beachten. Nicht ohne Grund machen sich die Autoren vom Exodus die Mühe und betten die Gebote in die Geschichte der Israeliten mit ein.
"Ex. 22 17" etc... sind Gesetze die von Moses zu Kriegszeiten verkündet wurden. Damals waren die Israeliten ein Volk das sich über die gemeinsame Herkunft und den gemeinsamen Glauben definiert hat und neben kriegerischen Anfeindungen musste man sich auch gegen religiöse Anfeindungen zur Wehr setzen. Anfeindungen die sowohl militärisch, als auch religiös erfolgten und gegen die man sich wenden musste wenn man bestehen wollte. Harte Bestrafung als Schutz der Gemeinschaft. Deshalb die drakonischen Strafen. Zum Beleg das es so ist kann man aber auch in der Bibel nachlesen das in der friedlichen Folgezeit solche Strafen nicht mehr verhängt wurden. Sehr deutlich wird das im Neuen Testament - Jesus verwehrt sich sehr deutlich gegen drakonische Strafen in dieser Art.
Dazu muss man sich natürlich die Zeit nehmen und die Bibel zu Ende lesen. Was viele nicht tun weil es ja nicht darum geht herauszufinden was da wirklich steht.

Anonym hat gesagt…

Damit wir uns nicht falsch verstehen, lieber Stefan: Ich bin Humanist, ich lehne grundsätzlich jede Verfolgung von Menschen ab, egal ob aus rassistischen, religiösen, ideologischen, ethnischen oder was auch immer für Gründen und unabhängig, durch wen sie erfolgt. Wenn du aber der Meinung bist, dass der "Hexenhammer" z.B. von einem frühen atheistischen Aufklärer verfaßt wurde und die Heilige Inquisition nichts als ein heiterer, weltoffener Debattierclub war, tut's mir leid um die Diskussion. Da bleibt mir wirklich nur Sarkasmus.

Die Zehn Gebote gelten aber verbindlich für Christen, unabhängig vom Kontext, oder sehe ich das falsch? Übrigens lohnt es sich, sie in der vollständigen Fassung (Ex.20;1-21) zu lesen.Wie ich überhaupt mit dir übereinstimme, die Bibel (die ja von beiden großen Konfessionen in ihrer Gänze als Heiliges Buch und Glaubensgrundlage bestätigt wurde), einmal vollständig, möglichst vorbehaltlos und ohne Rücksicht auf Interpretationen zu lesen.

"Harte Bestrafung als Schutz der Gemeinschaft..." Oh weh, das hab ich schon mal irgendwo gehört, und in gar keinem guten Zusammenhang!

Ich gebe dir Recht: Die Verantwortung für die Fehltritte oder gar Verbrechen meiner Vorfahren mag ich tatsächlich nicht übernehmen. Aber aus ihrem Fehlverhalten lernen, das möchte ich schon.

stefan hat gesagt…

Hallo dubiator,

> Damit wir uns nicht falsch verstehen, lieber Stefan: Ich bin Humanist, ich lehne
> grundsätzlich jede Verfolgung von Menschen ab, egal ob aus rassistischen,
> religiösen, ideologischen, ethnischen oder was auch immer für Gründen und
> unabhängig, durch wen sie erfolgt.
Wenn Du das so meinst, dann freut es mich für Dich. Dann würde mich aber interessieren warum Du auf Deinen Weblog das nicht so lebst. Denn das Zum Beispiel Karlheinz Deschner ein Kirchenhasser ist gibt er selber zu - warum Dein Link zu ihm? Wie verträgt sich Humanismus mit Kirchenhass? Und - auch Du scheinst nicht vollkommen frei davon zu sein. Sei mir nicht böse, aber ich kann zwischen Deinen Ziel Humanist zu sein und Deinen Worten nicht immer viel Übereinstimmung finden. Der Artikel wo Du die SED und die katholische Kirche vergleichst ist nur ein Beispiel.
Ich kenne Atheisten die sich mit Recht Humanist bezeichnen, aber diese Atheisten würden niemals Deine Worte gebrauchen.

> Wenn du aber der Meinung bist, dass der "Hexenhammer" z.B. von einem frühen
> atheistischen Aufklärer verfaßt wurde und die Heilige Inquisition nichts als
> ein heiterer, weltoffener Debattierclub war, tut's mir leid um die Diskussion.
> Da bleibt mir wirklich nur Sarkasmus.
Welche Inquistion meinst Du eigentlich? Ich kann Deinen Worten nicht folgen wenn Du so undifferenziert vergleichst. Aber egal - wenn Du die letzten 100 Jahre der deutschen Rechtsprechung nimmst, findest Du 10 mal mehr Unrecht als in allen Iquisitionen zusammen - in einem Zeitraum von 1000 Jahren. Sollen wir für die deutsche Rechtsprechung deshalb nur Sarkasmus übrig haben? Sind alle Richter und Staatsanwälte Verbrecher?
Die meisten Inquisitionen waren überwiegend weltlicher Natur. Wusstest Du das? Was sagt uns das?

Zum Thema Hexenverbrennung und Inquisition steht in Wikipedia: "Die weit verbreitete Annahme, die vor allem im 15.–18. Jahrhundert stattgefundenen Hexenverfolgungen gingen hauptsächlich auf das Konto der kirchlichen Inquisition, ist historisch falsch. Die weit überwiegende Anzahl der Hexenprozesse wurde vor weltlichen Gerichten verhandelt."

Deshalb wieder zurück zum Thema - ist der Sarkasmus angebracht? Ich meine nicht. Ich meine das man nicht pauschalisieren darf und die Taten eines Heinrich Kramer als Handlungen aller werten.
Man muss das eine verurteilen, aber eben nur bezogen auf die Personen die falsch gehandelt haben. Es sind immer Menschen die falsch handeln.
Gerne kann jeder in der Bibel nachlesen wie Jesus zu dem Thema steht. Denn wenn Du alle Christen pauschalisiert angreifst, dann greifst Du alle an, auch Jesus. Dann aber zeige bitte auf mit welchen Recht und auf Grund welcher Fakten Du das kannst.

stefan hat gesagt…

> Die Zehn Gebote gelten aber verbindlich für Christen, unabhängig vom Kontext, oder
> sehe ich das falsch? Übrigens lohnt es sich, sie in der vollständigen Fassung (Ex.20;1-21)
> zu lesen.
Es geht nicht um Gültigkeit oder Nicht-Gültigkeit. Es geht um Gerechtigkeit. Alles was da steht ist gültig, jede falsche Prophetie ist zu verurteilen, jeder Ehebruch ist falsch und die 10 Gebote gelten alle, aber noch mehr gelten die zwei Gebote von Jesus etc...
Das galt damals, das gilt Heute. Nur sind die Wahl der Mittel, die Wahl der Art der Bestrafung eine andere.
Das meint Jesus, das sagen jüdische Gelehrte schon lange bevor Jesus lebte, das wüsstest Du wenn Du die Bibel zu Ende lesen würdest.

> Wie ich überhaupt mit dir übereinstimme, die Bibel (die ja von beiden großen Konfessionen
> in ihrer Gänze als Heiliges Buch und Glaubensgrundlage bestätigt wurde), einmal
> vollständig, möglichst vorbehaltlos und ohne Rücksicht auf Interpretationen zu lesen.
Das freut mich.

> "Harte Bestrafung als Schutz der Gemeinschaft..." Oh weh, das hab ich schon mal
> irgendwo gehört, und in gar keinem guten Zusammenhang!
Das ist Völkerrecht, das wird sogar in gewissen Rahmen von Verfassungsexperten für unser Grundgesetz so gesehen und zum Teil hatten manche Landesverfassungen (Bayern zum Beispiel) bis vor kurzen sogar noch die Todesstrafe im Verteidigungsfall vorgesehen.
In der Thora (die Bücher um die es da geht) wird das sogar noch mit der Erzählung des Volkes Israel verdeutlicht und es wird zudem sehr deutlich gemacht das diese Strafen nur bedingt gelten.
Wenn Du zum Beispiel die jüdisch Midrasch anschaust - also das Buch in dem steht wie die Thora zu verstehen ist - dann findest Du meine Worte darin bestätigt.
Über den Zusammenhang hier kann man gerne streiten, aber wenn vor 3-4 Tausend Jahren schon Interpretationen gegolten haben die man Heute noch für richtig ansieht, dann weiß ich nicht was daran falsch sein soll.
Denn wie gesagt - es kann jeder nachlesen. Jeder kann sich eine Bibel kaufen und nachlesen. Nur zu.


> Ich gebe dir Recht: Die Verantwortung für die Fehltritte oder gar Verbrechen
> meiner Vorfahren mag ich tatsächlich nicht übernehmen. Aber aus ihrem Fehlverhalten
> lernen, das möchte ich schon.
So geht es mir genauso. Aber was müssen wir tun um es besser zu machen?

Viele Grüße


Stefan

Anonym hat gesagt…

Erlauben Sie mir einige Bemerkungen und Erläuterungen.

1.) Zur Hexenverbrennung:

Dass die meisten Hexenverbrennungen in Europa nicht im Mittelalter, sondern in der Frühen Neuzeit stattfanden, ist deshalb von Interesse, weil oft der Eindruck entsteht, die Römisch-Katholische Kirche habe die Hexenverbrennungen ganz alleine organisiert. Dass man nach 1555, spätestens nach 1648 nicht der Katholischen Kirche allein die Verantwortung für die verstärkte Hexenverfolgung in Mittel- und Nordeuropa geben kann, dürfte jedem klar sein, der in Geschichte aufgepasst hat (cuius regio, eius religio).

Rund die Hälfte der 50.000 Opfer lebten im Gebiet des HRRDN. Wenn man davon ausgeht (und davon darf man wohl ausgehen), dass die Opfer zahlenmäßig zwischen protestantischen und katholischen Gebieten des Reichs ungleich verteilt waren – zu Lasten der protestantischen Gebiete –, dann hat die Katholische Kirche die Verantwortung für etwa 10.000 Todesopfer.

Interessant ist auch der Zusammenhang von kirchlicher Inquisition und Hexenverbrennungen. Nur an einigen hundert der über drei Millionen Hexenprozesse (Schuldspruchquote: 1,5-2 Prozent) war die Inquisition beteiligt. Die Hexenprozesse fanden in der Tat vor weltlichen Gerichten statt. Die Inquisition interessierte sich nämlich hauptsächlich für Ketzer, nicht für Hexen. Im katholischen Spanien hat es keine Hexenverfolgung gegeben – wegen der Inquisition. Auch in Italien sorgte die Inquisition dafür, dass so gut wie keine Hexe verbrannt wurde. In Rom – dem vermeintlichen Zentrum des Grauens – wurde nie eine Hexe oder ein Zauberer verbrannt. Die Katholische Kirche hat die Hexenverfolgung niemals offiziell bejaht.

Anonym hat gesagt…

2.) Zur Christenverfolgung:

Ich will mit dem Zahlenvergleich Hexenverfolgung/Christenverfolgung nicht aufrechnen, nur wundert es mich schon, dass ich als katholischer Christ wesentlich häufiger auf die Hexenverfolgung angesprochen werde, die seit einem Vierteljahrhundert der Vergangenheit angehört (jedenfalls soweit es eine europäische, „christlich“ motivierte war), als auf die Christenverfolgung, die jetzt stattfindet.

Etwa 250 Millionen Christen sind aktuell von unterschiedlichen Formen der Verfolgung betroffen. Sie dürfen ihren Glauben nicht frei leben, ihre Religion nicht ausüben. Sie werden in den Medien diskreditiert und diffamiert. Sie werden in der Schule verlacht und verspottet. Sie werden am Ausbildungsplatz bedrängt und belästigt. Sie bekommen keine Arbeit, werden bei der Vergabe öffentlicher Ämter benachteiligt. Einige von ihnen werden verhaftet, inhaftiert, versklavt, gefoltert und ermordet.

Etwa 100.000 bis 150.000 Christen sterben jährlich für ihren Glauben. Freilich sind auch andere Glaubensgemeinschaften von mangelnder Religionsfreiheit negativ betroffen, doch in den meisten Fällen sind es Christen, die darunter leiden: 80 Prozent aller Menschen, die aus religiösen Gründen verfolgt werden, sind Christen. Ihr Anteil bei der Ermordung von Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit liegt bei weit über 90 Prozent. Der Anteil der Christen an den Tätern liegt bei unter 1 Prozent.

Anonym hat gesagt…

Oft wir dabei unterschlagen, wie es eigentlich zu dem berüchtigten „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum, 1486) kam. Heinrich Kramer (Institoris) schrieb ihn, weil er in Innsbruck erfolglos einen Hexenprozess angestrengt und kurz darauf des Landes verwiesen wurde. Von wem? Vom Bischof Georg Golser. Der „Hexenhammer“ ist eine Reaktion darauf gewesen. Die Bulle, auf die sich Kramer in Innsbruck berief, „Summis desiderantes affectibus“ (1484), enthielt im Übrigen die Aufforderung, verdächtige Personen ernsthaft zu prüfen und bei bestätigendem Ergebnis zurechtzuweisen, zu inhaftieren und zu bestrafen – nicht aber, sie zu verbrennen. In der Praxis hat das den Hexenwahn eher gemindert als befördert. Kirchenrechtlich hat die „Hexenbulle“ übrigens nie Bedeutung erlangt, maßgebend war immer der Canon episcopi, der Hexenglaube als Einbildung ablehnte und bis zur Kirchenrechtsreform von 1918 im maßgeblichen CIC enthalten war; „Summis desiderantes affectibus“ taucht dagegen in keinem Verzeichnis auf. Wie gesagt: Die Katholische Kirche war gegen die Hexenverfolgung – im Gegensatz zu Luther und Calvin. Martin Luther war ein Verfechter der Hexenverfolgung, denn er war überzeugt von der Möglichkeit des Teufelspaktes und des Schadenszaubers. In einer Predigt vom 6. Mai 1526 sagte er über Hexen und Zauberer: „Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben."

Fairer Weise muss man aber sagen, dass sowohl katholische wie auch protestantische Theologen gegen den Hexenwahn angekämpft haben. Neben Jesuiten wie Spee und Laymann etwa Johann Weyer (Konfessionszugehörigkeit umstritten, wahrscheinlich Konvertit) und der reformierte Anton Praetorius.

Anonym hat gesagt…

Die genaue Zahl der Christen, die jährlich ermordet werden, weil sie Christen sind, kennt freilich niemand. Alle Daten, die im Umlauf sind, sind Schätzungen von Behörden und Hilfsorganisationen. Diese schwanken seit Jahren zwischen 100.000 und 150.000, es gibt aber auch „Ausreißer“ nach oben und unten.

Dafür zwei Beispiele:

1. Ausreißer nach unten:
Jahrbuch „Märtyrer 2006“: „mindestens 90.000“.
Vgl. den folgenden Artikel auf kath.net:
http://www.kath.net/detail.php?id=15125

2. Ausreißer nach oben:
„Christian Solidarity“ (2007): „175.000“.
Vgl. den folgenden Artikel in „Die Presse“ (Wien):
http://diepresse.com/home/panorama/religion/294852/index.do?direct=435337&_vl_backlink=/home/panorama/religion/435337/index.do&selChannel=

In vielen anderen Berichten erscheint die Angabe „etwa 100.000“ oder „über 100.000“ oder „mindestens 100.000“.

Die „Dunkelziffer“ dürfte erheblich höher liegen, weil etwa Gefängnisinsassen, die aufgrund ihres christlichen Glaubens inhaftiert sind und dann an den Haftbedingungen zugrunde gehen, oft nicht mitgezählt werden. Oder aber die mehreren zehntausend Christen (die genaue Zahl kennt keiner), die in den Lagern Nordkoreas systematisch zu Tode gearbeitet werden. Zudem geben viele Regime, in denen Christen systematisch eliminiert werden (z.B. Nordkorea) selbstverständlich keine Statistiken darüber heraus, so dass eben nur Schätzungen möglich sind.

Die Organisation, die jährlich einen Bericht gibt und wertvolle Arbeit für die verfolgten Christen tut, wurde schon genannt: Open doors.

Viele Grüße,
Josef Bordat

stefan hat gesagt…

Hallo Josef,

vielen Dank für die sehr guten Beiträge.

Viele Grüße und Gottes Segen


Stefan